Kunis Kommentar # 2 Hört auf zu Fliegen!

Kuni hat was zu sagen. Hört zu. Hinsetzen, Ohren spitzen und genießen.

 

 

Die Anzahl der Flüge und Flugpassagier*innen ist in den vergangenen 70 Jahren explodiert. Im Jahr 1947 sind ungefähr 21 Millionen Menschen mit dem Flugzeug verreist, 1970 waren es schon 310 Millionen. 2019 – im letzten Jahr vor Corona – gab es dann die bislang meisten Flugreisenden in der Geschichte mit über 4,5 Milliarden. Alleine in den zehn Jahren zwischen 2009 und 2019 hat sich die Anzahl der Flugpassagier*innen verdoppelt. Laut Prognosen ist trotz eines 60%igen Rückgangs im ersten Coronajahr 2020 nicht mit einem dauerhaften Absinken zu rechnen, im Gegenteil wird bis ins Jahr 2040 eine weitere Verdoppelung der Zahlen auf bis zu 9,4 Milliarden Passagier*innen vorausgesagt.

Warum das ein Problem ist? Weil Flugreisen Klimakiller sind. Fliegen hat von allen Fortbewegungsarten die mit Abstand schlechteste Klimabilanz. Während bei einer Reise mit der Bahn nur gut 14 Gramm CO2 pro Personenkilometer ausgestoßen werden, sind es beim Flugzeug fast dreißig mal so viel. Besonders Kurzstreckenflüge haben einen extrem hohen CO2-Ausstoß, laut Umweltbundesamt verursachen sie rund 50 Mal mehr klimaschädliche Emissionen als die Bahn. Kurzstrecken von unter 800 Kilometern machen aber bereits ein Drittel aller Flüge aus!

Was also tun? Vielleicht einfach einmal zuhause bleiben. Noch vor 50 Jahren war man wesentlich weniger mobil. War das so schlimm, nicht ständig wohin zu fahren oder zu fliegen? Welches Bedürfnis bleibt unbefriedigt, wenn ich mal nicht am Wochenende schnell nach Mallorca oder auf einen Businesstrip nach London fliegen kann? 

Vielleicht liegt das Problem aber auch ganz woanders: Studien zeigen, dass über 35 Prozent der Menschen in Österreich überhaupt noch nie geflogen sind. Und fast die Hälfte fliegt einmal im Jahr oder seltener. Es ist also nicht die so genannte “breite Masse”, die das Problem ist, sondern die Vielflieger*innen aus der gehobenen Mittelschicht und die Reichen und Superreichen, die aus vermeintlich “beruflichen Zwängen” oder einfach, weil sie es können, durch die Gegend jetten. Besonders sie sollten endlich aufhören zu fliegen! Und wir, die nicht oder wenig fliegende große Mehrheit, dürfen uns von den Reichen nicht mit der Karotte vor der Nase hertreiben lassen, ganz nach dem Motto: Was die haben, das will ich aber gefälligst auch! Nein, in dem Fall muss es heißen: Die dürfen das nicht haben, genauso wenig wie ich!

Was ist also notwendig, um das “Problem Flugreisen” lösen zu können? Da das oft angesprochene klimaneutrale Fliegen derzeit noch nicht in Sicht ist, sind sich die Expert*innen hier einig: Wir brauchen vor allem Kostenwahrheit. Durch eine niedrige Besteuerung von Kerosin sind in der EU und damit auch in Österreich Flugreisen viel zu billig. Selbst die USA haben höhere Steuern auf den Flugverkehr als wir. Und im internationalen Flugverkehr gibt es noch nicht einmal eine Mehrwertsteuer auf Flugtickets oder Flughafengebühren.

Weil es aber vor allem die Wohlhabenden sind, die viel fliegen, wird die Kostenwahrheit alleine als Maßnahme nicht reichen. Die hält vor allem jene vom Fliegen ab, die aufs Geld schauen müssen. Für die Geldigen braucht es deshalb wohl auch Verbote. Die langfristige Abschaffung von Kurzstreckenflügen, wie von den deutschen Grünen bereits im letzten Wahlkampf gefordert, wäre dabei das Ziel. Bereits jetzt könnten laut Greenpeace Österreich 80 Prozent der Kurzstreckenflüge in Österreich leicht durch die Bahn ersetzt werden. Für mich ist das noch zu wenig, 100 Prozent müssten das Ziel sein. Wie gehen wir’s an?

 

 

 

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